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Die Nikon FA

Die Nikon FA ist zur Zeit als Leihgabe meiner Nichte und meines Neffen in der Sammlung. Dabei soll die Kamera ausgiebig getestet, falls nötig gereinigt oder repariert und dabei idealerweise nicht zerstört werden.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sie mein Schwager in “dem” Elektronik Geschäft im Südwesten gekauft hat: “Lerche” in Stuttgart. Damals gab es bei uns im tiefsten Südwesten noch keinen der heute omnipräsenten Megastores wie Media Markt oder Saturn und von e-Commerce war vor der Erfindung des WWW noch nicht zu träumen (Beim Schreiben dieser Zeilen merke ich übrigens ganz sachte mein Alter). Der Kauf von etwas besserem HiFi oder Kamera Equipment (geschweige den Computer) lief daher deutlich anders ab als jetzt: Zuerst hörte man im Freundeskreis / auf dem Schulhof / vom Cousin über eine Innovation. Dann versuchte man im lokalen Fachhandel Prospekte, idealerweise mit Preisliste zu erhaschen, dann wurde gespart und vor Ort verglichen (wenn möglich, die Auswahl war begrenzt) und schließlich mit der nächsten Fahrgelegenheit nach Stuttgart zu fahren, wo die Geräte am günschtigschten zu erwerben waren. Nebenkosten wie Benzin wurden natürlich ausgeklammert, da man ja “eh” nach Stuttgart fuhr.
Der Kaufvorgang für diese Nikon FA lief exakt nach diesem Muster, aber er war es wert. Im Vergleich zu unserer anderen Spiegelreflexkamera, der Kodak Retina Reflex S, kam die Nikon FA nicht nur aus einem anderen Land (Wie alle gute Elektronik in den 80ern natürlich aus Japan, wie wir im Kino von Marty McFly gelernt hatten), sondern tatsächlich aus einer anderen Zeit. Sie war leichter, kleiner, einfacher zu bedienen (im Vergleich zur Retina, mehr dazu hier) und hatte intensive elektronische Unterstützung. Besonders beeindruckt hat mich damals das LCD im Sucher und die atemberaubende Verschlusszeit von 1/4000 Sekunde. Ich hatte keine Ahnung, wozu man das alles brauchte, aber es war beeindruckend.

Über die Kamera:

Die Nikon FA ist ein Mitglied der FM/FE Familie, also Nikons gehobener Amateur-Baureihe unter halbe der professionellen “F” Reihe und eine Weiterentwicklung der elektronischen FE. Eigentlich sollte aus ihr die FE 2 werden, allerdings mit einem revolutionärem neuen Messsystem, der Matrix-Messung. Während der Entwicklung stellte sich allerdings heraus, dass die FA dadurch teurer als die geplante FE-2 werden würde, also wurden sie als zusätzliches Modell der Reihe vorgestellt. Die Entwicklung der Matrixmessung erfolgte in manuellen Messreihen, bei denen die Messergebnisse einer elektronische Messmatrix, die in eine FE eingebaut wurde, mit Filmaufnahmen einer identischen FE manuell abgeglichen wurden. Während dieser Messreihe wurden tausende Filme belichtet, wie hier berichtet wird:

A substrate of space of 24 x 36 mm corresponding to a full format of 35 mm (135) format film, on which 24 SPD ( Silicon Photo Diode) chips of 5 mm square were arranged, 4 in vertical and 6 in horizontal, is fixed in place of the film pressure plate of the Nikon FE body ‘…’ They took pictures of various scenes in various situations by an FE equipped with such a device and an ordinary FE arranged side by side. An ordinary FE was, of course, loaded with film and the shooting was made with bracketing (multiple shots at different exposure settings) bit by bit. ‘…’ They were developing the algorithm (a method of solving a problem) with which more optimum exposure can be got, with comparing the frames considered as “optimum exposure” selected from thousands of rolls of film taken that way with the graphics output from the 24 SPDs.

Die Matrixmessung ist heutzutage das Standardmesssystem der meisten Kameras, inklusive der in euren Smartphones.

Abgesehen von dieser Messmethode ist die Nikon FA eine typische Spiegelreflexkamera der 80er. Es gab sie in zwei Farbvarianten, schwarz und schwarz -silber. Zum Betrieb werden Batterien gebraucht, zum Glück welche die heute noch an jeder Ecke zu haben sind: zwei LR44, zwei SR44 oder eine 3V CR 1/3N. Die Größe der Kamera ist genau richtig, Gewicht völlig OK und die Bedienung, einmal verstanden, kinderleicht. Im Gegensatz zur FM und FE ist die Prismenabdeckung aus Kunststoff, deswegen ist sie aber bei normalem Gebrauch sicher nicht weniger robust als diese beiden Modelle und wie jede klassische Nikon für die Ewigkeit gebaut. Für den “täglichen Gebrauch” halte ich mich aber erstmal an meine Kodak Retina IV oder die Zenit TTL denn:

  • Die FA ist nur geliehen, also muss sie äußerst pfleglich behandelt werden
  • Der Body allein kostet mehr als der komplette Rest meiner Sammlung

Um die Beschreibung abzuschließen: Die Kamera hat einen mechanischen Zeitauslöser, Stativ und Drahtauslöser Anschluss, Blitzschuh und zusätzliche PC- Sync Buchse und einen Okularverschluss, um bei Langzeitbelichtungen Streulicht zu vermeiden.

Zum Fotografieren

ACHTUNG: Bevor ihr dieses technische Meisterstück benutzt, empfehle ich, nur dieses eine Mal, die Bedienungsanleitung zu lesen. Als Erinnerungsstütze für danach hier aber wie immer die Grundlagen:

Erst den kleinen Hebel an der Rückspulkurbel ziehen um diese zu entriegeln. Dann an der Kurbel ziehen, um die Kamera zu öffnen. Film einlegen, Kamera schliessen. Jetzt den Zahlenring um die Kurbel anheben und die ISO Zahl (25 – 4000) durch drehen einstellen. Dann mit dem Transporthebel spannen. Der Spannhebel ist übrigens auch der An/Aus Schalter, zum Anschalten muss er nach hinten gezogen werden. Nun das gewünschte Programm auswählen:

  • P für die Programmautomatik. Blende auf kleinste Öffnung stellen, die Kamera macht den Rest, zeigt aber die gewählte Verschlusszeit an. Nicht vergessen: dafür wurde sie gebaut. Bei Brennweiten länger als 135mm wählt sie dabei immer die schnellstmögliche Belichtungszeit
  • S für die Blendenautomatik: Ihr legt die gewünschte Verschlusszeit (1 1/4000s) fest (ideal bei bewegten Motiven), die Kamera wählt die korrekte Blende. Falls die gewählte Belichtungszeit zu kurz wäre, korrigiert die Kamera das für euch
  • A für die Zeitautomatik: Gewünschte Blende auswählen, die Kamera sucht die richtige Zeit aus und bittet euch, wenn nötig, eine andere Blende zu wählen
  • M für den manuellen Modus. Die Kamera mischt sich nicht ein, zeigt euch aber ob die gewählte Zeit/Blenden Kombination in Ordnung ist, und zwar durch ein winziges aber lesbares +, -, oder +/- Symbol im LCD. Im manuellen Modus wechselt die Kamera dabei in einen 60/40 mittenbetonten Messmodus, der in den anderen Modi manuell über den kleinen Drehknopf unten rechts neben dem Objektiv aktiviert werden kann.
    Scharfstellen erfolgt wie bei jeder Spiegelreflex per Mattscheibe und dem kleinen Mischbild in der Mitte. Jetzt den Auslöser sanft drücken und zum ersten Mal nach der Anleitung suchen denn: im Sucher wird die Fehlermeldung “C25o” angezeigt. Keine Panik, alles in Ordnung: Solange der Bildzähler nicht auf der “1” steht, arbeitet die Kamera ausschließlich im voll manuellen Modus mit 1/250s und ohne Belichtungsmessung. Falls ihr mangels Batterie oder einfach so im manuellen Modus fotografieren möchtet, muss das Zeitenrad mit dem kleinen Knopf rechts neben dem Okular entriegelt werden. Um die Tiefenschärfe der aktuellen Blende zu prüfen, kann mit dem Hebel rechts am Objektiv die Arbeitsblende geprüft werden. Um bei wichtigen Aufnahmen auf Nummer sicherzugehen, oder um manuell die Belichtung anzupassen, kann mit dem Knopf links vom Sucherprisma und Drehen am ISO Rad die Belichtung um +- zwei Stopps angepasst werden. Im Blitzbetrieb steht eine Blitzsynchronzeit von 1/250s zur Verfügung. Ich habe gelesen dass das schnell ist und durch den vertikal laufenden Titan Copal Verschluss ermöglicht wird. Die Kamera kann übrigens so lange belichten, wie Strom in den Batterien ist, sie ist als nicht nur sehr schnell, sondern wenn nötig auch sehr langsam, was sie ideal für die Astrofotografie macht (sobald ich den Adapter finde, wird das auch mit meinen 1000mm Celestron Scope getestet). Für Doppelbelichtungen während des Spannens den kleinen Hebel um den Spannhebel ziehen.
    Wenn der Film voll ist, den Rückspulknopf unten am Gehäuse eindrücken und ganz normal zurückspulen.
    Falls ihr euch mehr als ein Objektiv leistet, kann das mit dem Knopf links neben dem Objektiv entriegelt und gewechselt werden. Dabei den schwarzen Punkt der Entfernungsskala am schwarzen Punkt am Gehäuse ausrichten.

Für die Kamera gibt es reichlich Zubehör: schnelle Winder, Wechselscheiben für den Sucher, Nikon Blitzgeräte mit der die Kamera noch weitere Messtricks kann (die ich allerdings nicht verstanden habe) und Objekte. Viele, viele, wunderbare, Nikkor Objektive.
Zusammengefasst ist die Nikon FA eine beeindruckende und einfach zu bedienende Kamera in immer noch herausragender Qualität.

Marke Nikon
Modell FA
Baujahr ?, hergestellt von 1983 bis 1987
Seriennummer 5064777
Objektive Nikon Nikkor 50 mm f/1.4 5654155 und 35mm f/2 296243
Verschluss Vertikaler Copal Titan Verschluss
Filmformat 35mm
Besonderheiten Erste Kamera mit Matrixmessung
Zubehör
Hersteller Nippon Kogaku K.K. jetzt Nikon Corporation
Kaufdatum Leihgabe seid 2018
Kaufpreis – , gekauft für ? DM
Wo gekauft? Leihgabe meiner Nichte und meines Neffen, ursprünglich gekauft bei Lerche in Stuttgart

Tipps & Tricks:

Da die Nikon FA weniger gesucht als ihre FM/FE Cousinen oder die Profi- F Kameras wird, kann sie etwas günstiger erhältlich sein. Aber nicht täuschen lassen: das war und ist immer noch eine Kamera der Oberklasse und ist entsprechend teuer. Die englische Wikipedia fasst es wunderbar zusammen::

The FA (like the rest of the compact F-series) was built to Nippon Kogaku’s traditional and unusually high (and expensive) standard of workmanship for amateur-level SLRs. It used high-strength alloy parts, hardened metal gearing, ball bearing joints and gold-plated electrical switches; all made to precise tolerances and largely hand assembled, in an era when most other manufacturers switched to high-tech plastics, simplified modular construction and coarser tolerances to lower costs in the face of competitive pressure. As a result, the Nikon FA could endure conditions that would cause virtually all other contemporary non-professional-level SLRs to break down mechanically. A higher price was considered a fair trade for impressive durability.

Filmkauf & Entwicklung

Die Kamera arbeitet mit jedem 35 mm Film von 25 bis 4000 ISO, der überall entwickelt wird. Die meisten Objektive haben einen Infrarot Index, wer sich dem mal widmen möchte, hier ist die Kamera dafür.

Weiterführende nks:

https://imaging.nikon.com/history/chronicle/cousins14-e/index.htm (Beschreibung des Designprozesses)
http://www.mir.com.my/rb/photography/hardwares/classics/nikonfa/fa4.htm (Übersicht der LCD Meldungen)
https://kenrockwell.com/nikon/fa.htm (Ken Rockwell’s Test der “weitest entwickelten Nikon Kamera mit manuellem Fokus”)
https://blog.jimgrey.net/2017/06/28/nikon-fa/ (Jim Grey’s Nikon FA review)
https://www.butkus.org/chinon/nikon/nikon_fa/nikon_fa.htm (Wie immer gibt es bei Mike Butkus die Anleitung Bitte diesmal lesen)
http://www.digitalb2.de/nikon/systemcd/htm/04/0405___d.htm (Eine deutsche Beschreibung)
http://www.lausch.com/10forts.htm (Und noch ein Bericht auf Deutsch)

Bilder:

Der Nikon FA Flickr Pool
Meine Bilder bei Flickr

Read in English

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6 thoughts on “Die Nikon FA

  1. Sehr schön – vielen Dank. Jetzt habe ich auch eine und freue mich. Einzig: Du hast oben die Automatiken A und S verwechselt. Viele Grüße, Bernhard

  2. Gestern bei Sauter in München den Body für 89€ entdeckt und direkt eingepackt. Ist zwar optisch nicht mehr so der Hit, aber bei dem Preis will ich nicht meckern. Ich bin gespannt!

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